AHV 21

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AHV 21 und ihre Auswirkungen auf Versicherte und Ausgleichskassen

2024 tritt die in der Volksabstimmung vom 25. September 2022 angenommene Reform AHV 21 in Kraft. Ziel ist die Sicherung des finanziellen Gleichgewichtes des wichtigen Vorsorgewerkes für die nächsten Jahre. Emanuel Lauber beantwortet die wichtigsten Fragen.

Die jüngste Reform der AHV musste dreimal scheitern, bevor sie nun angenommen wurde, woran liegt das?
Emanuel Lauber:
Die früheren Revisionsversuche scheiterten jeweils an der Frage des Rentenalters oder waren, wie 2017, überladen. Deshalb fielen sie entweder bei Volksabstimmungen oder bereits im Parlament durch. Die Revision, bestehend aus der schrittweisen Erhöhung des Frauenrentenalters von 64 auf 65 Jahre, neuen flexibleren Möglichkeiten für den Rentenbezug sowie der finanziellen Absicherung durch eine höhere Mehrwertsteuer, fand an der Urne nun eine Mehrheit.

Sind alle Rentenbezügerinnen und -bezüger betroffen?
Da die Reform ab 2024 in Kraft tritt, sind die heutigen Rentnerinnen und Rentner von den Änderungen nicht betroffen. Von der Erhöhung des Rentenalters ab 2025 sind die Frauen ab Jahrgang 1961 betroffen. Die neuen Möglichkeiten beim flexiblen Rentenbezug gelten für alle künftigen Rentnerinnen und Rentner ab 2024.

Beginnen wir mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer von 7,7 auf 8,1 Prozent. Was bedeuten 0,4 Prozent mehr?
Diese 0,4 Prozent kommen direkt der AHV zugute. Neu fliessen statt 1 Prozent 1,4 Mehrwertsteuerprozente in die AHV. Diese markante Erhöhung trägt wesentlich zur Sicherung der AHV für die nächsten zehn Jahre bei.

Eine andere Massnahme ist die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65.
Durch den späteren Eintritt ins Rentenalter entstehen Einsparungen, da Frauen länger Beiträge bezahlen und später Rente beziehen.

Wie und ab wann erfolgt die Erhöhung des ordentlichen Frauenrentenalters?
Die Erhöhung erfolgt in vier Schritten und startet 2025 für Frauen mit Jahrgang 1961 (siehe Tabelle). Für Frauen ab Jahrgang 1964 gilt definitiv Rentenalter 65.

Jahrgang Rentenalter neu Jahr
1961 64 Jahre und 3 Monate 2025-2026
1962 64 Jahre und 6 Monate 2026-2027
1963 64 Jahre und 9 Monate 2027-2028
1964 65 Jahre 2029

Das war’s dann schon?
Nein, um die Auswirkungen der Erhöhung aufs Rentenalter 65 zu mildern, werden Kompensationsmassnahmen für alle Frauen der Jahrgänge 1961 bis 1969 eingeführt. Frauen, die ihre Rente ab dem ordentlichen Rentenalter beziehen, profitieren von einem lebenslangen Zuschlag. Der Zuschlag beträgt bei einer Vollrente zwischen 12 und 160 Franken pro Monat und ist abhängig vom Jahrgang und von der Höhe des Einkommens. Hier gilt: Je tiefer das angerechnete durchschnittliche Jahreseinkommen, umso höher der Zuschlag. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat einen Online-Rechner eingerichtet. Damit kann der Zuschlag selbst abgefragt werden (www.akbern.ch). Wir können den Zuschlag auch mit einer Rentenvorausberechnung mitteilen.

Aber eine Plafonierung der Maximalrente bleibt, oder?
Wieder nein, die ordentliche Rente plus Zuschlag kann die Maximalrente übersteigen und bei Ehepaaren wird der Zuschlag nicht plafoniert. Zudem wird der Zuschlag bei allfälligen Ergänzungsleistungen nicht angerechnet.

Ist ein Vorbezug der Rente für die betroffenen Frauen nach wie vor möglich?
Ja, und für Frauen der bereits genannten Jahrgänge 1961 bis 1969 gelten tiefere Kürzungssätze. Auch hier ist das durchschnittliche Jahreseinkommen entscheidend. Zudem können diese Frauen nach wie vor mit 62 Jahren die Rente vorbeziehen. Auch dazu gibt es einen Online-Rechner, um die genauen Kürzungssätze abfragen zu können. Im Rahmen der Rentenvorausberechnungen können wir diese Berechnungen bereits heute vornehmen.

Ein anderes Thema: Die «Flexibilisierung des Rentenbezugs» bietet neu viel mehr Möglichkeiten. Ist das so?
Das stimmt. Zwischen dem 63. und 70. Altersjahr kann die Rente ganz oder anteilsweise auf einen x-beliebigen Monat, vor oder nach dem ordentlichen Rentenalter, bezogen werden. Wird die Rente oder eine Teilrente vor dem Referenzalter 65 bezogen, erfolgt eine lebenslange Kürzung. Der Bezug nach 65 wird hingegen lebenslang mit einem Zuschlag belohnt.

Welche Absicht steckt hinter dieser Flexibilisierung?
Im Zusammenspiel mit der 2. Säule soll ein schrittweiser Rückzug aus dem Erwerbsleben ermöglicht werden, etwa im Rahmen von Teilpensionierungen. Durch eine mögliche Aufbesserung der Rente durch zusätzliche Beiträge soll die Weiterarbeit nach dem Referenzalter 65 gefördert werden. So können durch Beiträge aus dem Einkommen nach 65 gegebenenfalls Beitragslücken aufgefüllt werden. Wer bis zum 70. Geburtstag weiterarbeitet, verschafft sich fünf zusätzliche Beitragsjahre. Einzige Voraussetzung ist ein Mindestgehalt von 40 Prozent des vor 65 erzielten Jahreseinkommens. Aber auch Personen, die keine Beitragslücken haben, können unter Umständen die Rente verbessern. Eine Verbesserung der Rente ist aber nur bis zum Maximalbetrag möglich und eine Neuberechnung kann zwischen dem 65. und 70. Altersjahr nur einmal gemacht werden.

Welche Auswirkungen haben alle diese Veränderungen auf die Arbeit der Ausgleichskassen?
Die Umsetzung der «AHV 21» ist für uns ganz klar eine Herausforderung. Pro Jahr erstellen wir rund 15’000 Rentenverfügungen und nehmen ca. 5’000 Rentenvorausberechnungen vor. Mit der Reform werden diese Zahlen zunehmen. Wir spüren das jetzt schon bei den Rentenvorausberechnungen, die wir bereits nach neuem Recht durchführen. Der Aufwand für die Beratung und Bearbeitung der Rentenfälle wird steigen.

Wie geht die AKB das an?
Wir haben bereits im letzten Herbst mit der Analyse begonnen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden schrittweise mittels Schulungen vorbereitet. Entscheidend ist die Anpassung der Fachapplikationen «NIL» und «NIL+», damit wir die Reform technisch umsetzen können. Mit unseren Lieferanten haben wir die Umsetzung bereits gestartet.

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